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Gründer und Unternehmer brauchen einen Sinn

Herausragende Leistungen durch Sinn

ManzChrist_Portrait_048Kennen Sie die Generation Y? Das Y steht fürs englische „Why“ und soll verdeutlichen, dass es sich bei den zwischen 1980 und 1995 Geborenen um jene handelt, die vor allem nach dem Sinn suchen. Sie interessiert weniger, wie viel sie für einen Job bekommen, sondern welche Aufgaben. Sie sind die nächste Unternehmergeneration. Ohne wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Defizite aufgewachsen, in der Regel gut gebildet, auf der Suche nach Halt und Orientierung. In einer Zeit, die von schnellem Wandel und Werteverfall geprägt ist, legen sie den Finger in die Wunde: Welche Werte sind uns wichtig, welchen Sinn macht unser Tun? Sie wollen emotional verbunden sein mit dem, was sie tun.

Das „Why“ ist wie ein Schrei nach dem häufig fehlenden Brückenschlag vom Außen ins Innere. Wer als Unternehmer oder Führungskraft diese Brücke baut, baut eine nachhaltige Verbindung zu seinen Mitarbeitern. Die alljährliche Gallup-Studie hat auch 2015 wieder belegt: 70 Prozent der deutschen Arbeitnehmer haben eine geringe emotionale Bindung an ihr Unternehmen. 42 Prozent davon erwogen in den vergangenen zwölf Monaten, ihr Unternehmen wegen ihres Vorgesetzten zu verlassen. Die Konsequenz: Fluktuation und Fehltage steigen. Wo ich mich als Teil des Ganzen nicht verbunden fühle, zerfällt das Ganze in lose Teile. Mangelt es in Unternehmen an Identifikation, an gemeinsamen Werten, an Sinnhaftigkeit, schlägt sich der Mangel gravierend nieder: in Engagement, Motivation und Loyalität der Belegschaft.

Drei Fragen für den Brückenbau

Die bloße Orientierung an Bilanzen und Mitbewerbern ebnet nicht den Weg zu gemeinsamen Erfolgen. Eine Sichtweise, die vor allem von außen geprägt ist, genügt dem Mitarbeiter der Zukunft nicht. Er will gesehen werden mit seinen Bedürfnissen, gleichzeitig will er Einblick in die Motive der Unternehmensführung. Es bedarf eines gegenseitigen Sich-Öffnens, einer Brücke zwischen äußeren Vorgaben und inneren Werten, zwischen persönlichen Motiven und übergeordneten Zielen. Ein Vorgehen also, das auch die Innenwelt berücksichtigt. Im Grunde gibt es drei zentrale Fragen, die Mitarbeiter wie Führung bewegen:

  • Was mache ich hier und warum?
  • Was ist mir eigentlich wichtig?
  • Was möchte ich hinterlassen?

Das Werk des Diplomaten ist bestimmt davon, solche Brücken zu bauen. Bei all seinem Handeln gilt es, vorhandene Werte zu berücksichtigen, Sinn zu sehen und zu stiften, emotionale Verbundenheit zu erzeugen. Seine Arbeit ist ebenso von Idealismus wie von Freude geprägt, von Langmut und Loyalität, von Wertschätzung und Wohlwollen. Die Diplomatie lebt uns vor, wie die Führung der Zukunft funktionieren kann.

Erfüllter Helfer statt Erfüllungsgehilfe

„Freude kann nur aus dem Inneren stammen; wer sie von außen erklärt, wird sie niemals begreifen.“, sagt der chinesische Dichter Bai Juyi (772 – 846). Die Erfolge der Wirtschaft von morgen bauen darauf auf, dass sie Menschen erbringen, die innerlich davon überzeugt sind, das Richtige zu tun, und die ihrer Tätigkeit mit Freude nachgehen. Sinnstiftung ist stets eine persönliche und individuelle Erfahrung von Freude und Erfüllung. Und diese können Unternehmer wie Führungskräfte schaffen. Mit einer Führung, die Sinn sieht, in dem was sie tut, und Sinn stiftet mit dem, was sie andere tun lässt.

Zeit zur Bestandsaufnahme

Der Weg Richtung Erfolg – ob Führungskraft oder Mitarbeiter – beginnt immer mit dem ersten Schritt. Dieser Schritt heißt Eigenverantwortung. Prüfen Sie sich selbst:

  • Wie verbunden fühlen Sie sich mit Ihrem Unternehmen?
  • Schätzen Sie sich selbst wert?
  • Wo wollen Sie hin?
  • Was zeichnet Ihre innere Haltung aus?
  • Welche Werte sind Ihnen wichtig?
  • Was bedeutet das für Ihr Umfeld?

Selbstreflexion, Bewusstheit und offene Dialoge sind die Schlüssel, um Verbundenheit zu anderen zu erzeugen und eine Kultur des erfolgreichen Miteinanders zu etablieren. Aaron Hust schreibt in seinem Buch „The Purpose Economy“ (Sinnökonomie): „Die Menschen sehen Sinn, wenn sie sich persönlich weiterentwickeln, wenn sie bedeutsame Beziehungen aufbauen und wenn sie zu etwas beitragen können, das größer ist als sie selbst“. Das Bewusstsein, zu etwas Größerem beizutragen, das sie innerlich mittragen, weil es deckungsgleich mit ihren Werten ist, motiviert nachhaltig.

Schlüsselfaktoren für die Zukunft: Eigenverantwortung, Stabilität und Sinn

Es hilft niemandem, die Sinnsucher – ob Generation Y oder andere – müde zu belächeln und als Idealisten abzutun. Wir leben in einer Zeit, die nicht nur von den Auswirkungen der weltweiten Rezession, sondern von Flüchtlingsströmen und gesellschaftlichem, womöglich auch politischem Umbruch geprägt ist. Die Werte und Prioritäten der Menschen haben sich grundlegend verändert, das Bedürfnis nach Stabilität und Sinn ist groß. Und das macht auch vor der Arbeit nicht Halt. Immer mehr Menschen suchen nach einer Arbeit, die ihnen nicht nur hilft, ihre Rechnungen zu bezahlen, sondern auch dazu beiträgt, etwas zu verbessern: ein besseres Selbst, bessere Beziehungen, bessere Gemeinschaften. Wir tun gut daran, wenn jeder von uns dafür Verantwortung übernimmt.

Das bedeutet, nicht darauf zu warten, dass andere etwas für uns tun, sondern selbst ins Tun zu kommen. Wer etwas weiterentwickeln und verbessern möchte – ob bei sich oder anderen – kommt nicht darum herum, sich zu bewegen. Heraus aus der berühmten Komfortzone, dafür hinein in die innere Bestandsaufnahme. Um Blick und Handeln neu ausrichten zu können – auf mich und andere. Unterm Strich hilft uns für die Herausforderungen der Zukunft kein „hier ich, da die anderen“ weiter, auch kein „die anderen müssen“, sondern nur ein „Wir wollen“. Wir profitieren alle von einer Kultur des Miteinanders, weil jeder Einzelne anstehende Herausforderungen allein nicht bewältigen kann, aber durch seinen Beitrag die gemeinsame Bewältigung möglich macht. Eine Kultur, die in der Welt der Diplomatie schon lange etabliert ist.

 

Dr. Gerlinde Manz-Christ

Nach 15 Jahren als Diplomatin für Österreich, 10 Jahren Regierungssprecherin für das Fürstentum Liechtenstein und zweijähriger Tätigkeit in der japanischen Wirtschaft, widmet sich Dr. Gerlinde Manz-Christ heute der „Business-Diplomatie“ und berät Unternehmen in Kommunikation und Konfliktlösung. Mit Die Kunst des sanften Siegens hat sie ein Plädoyer für mehr Respekt und Achtsamkeit in der Wirtschaft geschrieben.

www.manz-christ.com

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