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Niedrigzinsphase erfordert neue bAV-Konzepte

Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Aon macht die anhaltende Niedrigzinsphase die Bildung der Pensionsrückstellung für die betriebliche Altersversorgung (bAV) in vielen Unternehmen zu einer immer größeren Belastung. Der von der Deutschen Bundesbank (BBk) ermittelte Rechnungszins, der laut § 253 Absatz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) bei Pensionsrückstellungen Anwendung findet, lag bereits 2018 bei niedrigen 3,21 Prozent. Im Jahr 2019 sank der Rechnungszins auf 2,71 Prozent. In 2020 wird der Zins nur noch 2,32 Prozent betragen. Bei Bilanzierung nach IFRS sind die Rechnungszinsen noch geringer. Dies führt dazu, dass Unternehmen, die eine bAV anbieten immer mehr Kapital aufbringen müssen, um ihre Pensionsrückstellung zu bilden.

15 von 30 Dax-Unternehmen untersucht

Um die tatsächlichen Auswirkungen dieser Entwicklung zu untersuchen, hat Aon die Bilanzen von 15 der 30 Dax-Unternehmen analysiert. Im Mittel sind die Bilanzwerte der Pensionsverpflichtungen um 13 Prozent gewachsen. Zwischen den einzelnen Unternehmen gibt es aber deutliche Unterschiede, die zeigen, dass nicht alle Dax-Konzerne die Niedrigzinsphase in Bezug auf ihre Pensionsrückstellungen gleich gut verkraften. 

Da am Bilanzstichtag von Infineon der Rechnungszins nach IFRS bei nur 0,6 Prozent lag, musste der Konzern den Bilanzwert seiner Pensionsverpflichtungen um 23 Prozent steigern. Henkel und BASF, deren Rechnungszins am Bilanzstichtag bei 1,3 beziehungsweise 1,1 Prozent lag, brauchten hingegen die Bilanzwerte ihrer Pensionsverpflichtungen nur um 7,0 Prozent erhöhen.

Pensionsrückstellungen auch im Mittelstand problematisch

Eine Studie der privaten Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Kooperation mit der Commerzbank zeigt, dass Pensionsrückstellungen nicht nur Konzerne, sondern auch den Mittelstand in Deutschland vor Probleme stellen. Volker Wittberg schreibt dazu in seinem Beitrag „Sicherheit vor Ertrag“, der im Fachmagazin return (Ausgabe 1 | 2020) erschienen ist, dass auch „der Mittelstand der Finanzierung von Pensionsrückstellungen eine immer größere Priorität beimisst.“

Trotzdem zeigt die Studie der FHM, dass bei den untersuchten KMUs nur 50 Prozent der Pensionsverpflichtungen durch entsprechend hohe Rücklagen gedeckt sind. Besonders in Hinblick auf den sinkenden Rechnungszinssatz nach HGB hält Wittberg unter Berücksichtigung der finanziellen Mittel eine deutliche Erhöhung der Rückdeckungsquoten für unwahrscheinlich.

Betriebliche Altersversorgung an Niedrigzinsphase anpassen

Ob und wie die Dax-Konzerne und die mittelständischen Unternehmen, die wohl noch weiter steigenden Belastungen der Pensionsrückstellungen finanzieren sollen, bleibt unklar. Marchlewski empfiehlt deshalb einen Einstieg in moderne Versorgungskonzepte.

Aon-Chef Fred Marchlewski: „Der Rechnungszins ist bislang gesunken und gleichzeitig sind die Anlagemärkte aktuell durch die Corona-Krise eingebrochen. Die Unternehmen, nicht nur im Dax-Segment, sollten daher abwägen, wie sie die Altersversorgung flexibel auf die veränderte Situation anpassen können“

Diese Umstellung der bAV ist aber besonders für den Mittelstand ein Problem, wie Alexander Bußler und Markus Sobau in ihrem Buch „Das BRSG im Mittelstand“ erklären. 

Alexander Bußler und Markus Sobau: „Dies ist begründet in der Tatsache, dass besonders in kleinen und mittelständischen Betrieben der ‚Chef‘ als Unternehmer selbst oft nicht angestellt ist und daher aufgrund seines Status die Vorteile der bAV nicht nutzen kann. Also fehlt hier die Vorbild- oder Vormachfunktion des Unternehmers. Daraus resultiert dann auch die mangelnde Kenntnis der Möglichkeiten.“

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