Seit 1971 ist BAföG für unzählige junge Menschen eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente, um sich den Traum vom Studium ermöglichen zu können. Und genau dafür ist das „Bundesausbildungsförderungsgesetzt“, wie sein voller Name lautet, auch da: Gleichberechtigung schaffen und Studierenden aus allen sozialen Schichten gleichermaßen den Zugang zur akademischen Laufbahn zu ebnen.
Der private Antragsdienstleister für Studienförderungen, meinBafög, sieht dabei jedoch eine entscheidende Lücke, die heutzutage deutlich brisanter als noch im BAföG-Gründungsjahr vor über 50 Jahren sein dürfte: Es gibt eine systematische Bevorteilung von Studierenden, deren Eltern miteinander verheiratet sind.
Die Geschäftsführer von meinBafög stützen sich dabei auf eine Auswertung von über 200.000 Datensätzen, die sie geschäftsintern Ende 2022 vornahmen: https://www.meinbafoeg.de/vorteil-verheiratete-eltern/
Nachdem mittlerweile jede dritte Ehe geschieden wird, dürfte das aktuell sehr viele junge Leute betreffen. Den Erkenntnissen der meinBafög-Experten zufolge, geht die BAföG-Antragstellung von Studierenden, deren Eltern miteinander verheiratet sind, im Schnitt 2,36 mal schneller als bei getrennt lebenden Eltern.
Der Grund:
Bei der Beantragung von BAföG spielt auch das Einkommen der Eltern eine Rolle. Leben diese getrennt oder haben gar keinen Kontakt mehr zueinander, ist es für Studierende oft schwer, die entsprechenden Informationen zusammenzutragen. Fehlender Kontakt oder die fehlende Kooperationsbereitschaft eines Elternteils, Auskunft über die private Einkommens- und Vermögenssituation zu geben, hindert Studierende oft daran, den BAföG-Antrag fertigzustellen oder bringt sie zeitlich in Bedrängnis. „Viele Antragsteller*innen brechen den Vorgang sogar ab, wenn sie aufgrund der fehlenden Informationen nicht weiterkommen“, so Alexander Rodosek, einer der Geschäftsführer. Bis zu 7,31 mal mehr sogar im Vergleich zu den Antragsteller*innen, deren Eltern zusammenleben.
Dabei steht und fällt oft das gesamte Studium mit genau diesem Antrag. „Die Bevor- bzw. die Benachteiligung ist systematisch“, so Alexander Rodosek, einer der Geschäftsführer von meinBafög. „Prozessuale Änderungen könnten helfen, um diese Ungleichheiten bei der Antragstellung zu beheben.“
Er fordert daher eine größere (digitale) Kooperation zwischen BAföG-Amt und den Finanzverwaltungen. „Es muss einen besseren Abruf von relevanten Einkommensdaten über Schnittstellen zur Finanzverwaltung geben“, sagt er. „Die für die Berechnung notwenigen Einkommensdaten der Eltern könnten im Prinzip fast vollumfänglich von den BAföG-Ämtern bei den Finanzämtern abgerufen werden. Das würde vielen Studierenden aus einer wirklichen Notsituation helfen. Teilweise steht und fällt das ganze Studium mit dem BAföG.“
Ferner fordert Rodosek eine erleichterte Antragstellung bei Verletzung der Mitwirkungspflicht der Eltern.
„Für Eltern besteht eine Mitwirkungs- und Auskunftspflicht. Kommen sie der nicht bei, dauert die Antragstellung für die Studierenden deutlich länger. Durch eine Herabsetzung der Voraussetzungen könnte ihnen schneller BAföG gewährt werden.“
Rodosek hat ein Paper zu seiner Studie verfasst und zeichnet darin ausführlich Lösungsansätze. Mit den Ergebnissen will er nun die Behörden zum Gespräch einladen und mit ihnen in Dialog gehen.